Vor einigen Wochen habe ich meine Newsletter-Abonnenten dazu eingeladen einen Gastbeitrag bei mir zu schreiben. Die Hauptvoraussetzung war natürlich, dass das Thema auch für meine LeserInnen interessant ist. Eine generelle Anleitung für Gastbeiträge finden Sie in diesem separaten Beitrag.
Daraufhin hat sich Judith Geiß von the Bridge bei mir gemeldet. Judith Geiß hilft Unternehmen nach einer amerikanischen Übernahme die turbulenten Zeiten des Umbruchs zu meistern. Auf ihrem Blog „thebridge-online.com“ gibt sie Tipps, wie man eine Übernahme überlebt – und besser mit Amerikanern zusammen arbeitet.
Das Thema des heutigen Gastbeitrags von Judith Geiß? Die Unterschiede zwischen deutschen und englischen E-Mails. Ok, ja die Sprache ist natürlich eine andere 😉 Aber: es gibt auch sonst ein paar interkulturelle Eigenheiten, die es zu beachten gibt. Ich glaube ein Thema, das auch für viele meiner LeserInnen von Bedeutung ist, da wir immer wieder auch E-Mails auf Englisch schreiben.
Ich übergebe nun also an Judith Geiß und ihre 6 Tipps für geschäftliche E-Mails auf Englisch:
6 Tipps für E-Mails auf Englisch
“Warum antworten die so kurz angebunden?” Diese erstaunte Frage höre ich oft von meinen Kunden – etwa, wenn auf eine schön ausformulierte Mail aus den USA nur ein kurzes “Ok” als Antwort zurückkommt. Und es schwingt darin mit: “Hab ich was falsch gemacht? Hab ich den amerikanischen Kollegen etwa verärgert?”
Wenn es Ihnen auch schon mal so ging: Nein, Sie haben nichts falsch gemacht. Denn wir Europäer schreiben unsere E-Mails einfach anders. Sagen wir mal: ausführlicher – und so, dass alles Wichtige drin ist.
Daher hier mein Rat beim Email-Verkehr mit Amerikanern: Halten Sie sich ebenfalls kurz bei E-Mails und klären Sie die wichtigen Themen in einer Telefonkonferenz oder via Skype. (Es ist natürlich dann auch möglich, dies kurz für alle Beteiligten im Nachgang zusammenzufassen.)
Glauben Sie mir: Das funktioniert mit Amerikanern einfach besser!
Aber da sich E-Mails nicht vermeiden lassen, hier 6 Tipps, wie Sie ihre E-Mails am besten schreiben:
1. Kurz halten
Wie schon vorher angeklungen. Lange und ausschweifende E-Mails sollten Sie nicht schreiben, denn hier liest irgendwann keiner mehr so richtig und Sie können Rückfragen vermeiden indem Sie den direkten Austausch suchen. Denn, wer hat schon Lust auf “E-Mail-Ping-Pong”.
2. Anrede
Ich erinnere mich noch gut, wie ich selbst noch in der Schule gelernt habe, dass man immer „Dear Mr./Mrs” schreiben soll. Und dann, als ich bei meinem neuen Arbeitgeber startete, bekam ich von einem „Wildfremden” eine E-Mail mit „Hello Judith”. Im ersten Moment war ich wie vor den Kopf gestoßen, denn ich kannte den Absender gar nicht. Aber im Unternehmen war das normal und somit “musste” ich mich dran gewöhnen, auch wenn es mir zu direkt war, wenn nicht sogar im ersten Moment als unhöflich ankam.
Dies hielt nicht lange an, denn dann schrieb mir jemand:
Judith,…
…
und das war irgendwie gefühlt noch schlimmer. Also nicht wundern, wenn Sie auch mal ohne „Grußformel” angeschrieben werden. Mittlerweile habe ich mich so daran gewöhnt, dass es mir fast nicht mehr auffällt. Erst wenn mich einer meiner Kunden darauf anspricht.
Manchmal passiert es sogar, dass nur ein FYI in der E-Mail drinsteht. (Falls Sie nicht genau wissen, was “FYI” und andere typische amerikanische Abkürzungen bedeuten: Hier finden Sie eine Liste mit den gängigsten englischen Kürzeln, inklusive Erklärungen).
Also das ist ganz normal. Bitte wundern Sie sich nicht darüber.
Zu beachten: nach der Anrede wird ein Komma gesetzt und dann in der nächsten Zeile weiter geschrieben.
3. Text
Wie eingangs erwähnt, die Amerikaner fassen sich kurz (manchmal für unser Empfinden zu kurz) und kommunizieren meist im Telegrammstil. Auch hier natürlich stark verallgemeinert, aber man sollte sich darauf einstellen.
Beim ersten Kontakt ist ein einleitender Satz allerdings durchaus üblich, gerne auch mit einem Hinweis darauf, wo man sich kennengelernt hat oder von wem man den Namen der Person hat. Dies empfehle ich Ihnen ebenfalls, denn oft weiß man gar nicht, wer die Person ist, die einen gerade anschreibt.
Hi Judith,
My colleague Judith referred me to you….
oder: We met in Berlin at the trade fair and I would like to know more about your services….
Je mehr man per E-Mail kommuniziert, desto kürzer werden die Antworten von den amerikanischen Kollegen meist. Darüber sollten Sie sich nicht wundern, für Amerikaner bedeutet dies eine Zeitersparnis.
4. Höflichkeitsregeln
Gerade habe ich Ihnen geraten, dass Sie durchaus mal den Telegrammstil benutzen können. Dies möchte ich jedoch etwas eingrenzen: Achten Sie darauf, keine umgangssprachlichen Kontraktionen wie „we’ll“ für „we will“ oder „we’re“ für „we are“ zu benutzen! Das gilt in geschäftlichen E-Mails als schlechter Stil. Man schreibt hier am besten beide Wörter aus.
Hello Judith,
We will meet tomorrow at 8.00 a.m.
Und dann noch ein paar Regeln, die Sie beachten sollten, wenn Sie bei US-Kollegen als höflicher Mensch gelten möchten:
Wenn Sie einen Vorschlag machen möchten:
Fallen Sie nicht gleich mit der Tür ins Haus, sondern benutzen Sie eine einleitende Floskel, wie zum Beispiel:
- I would suggest that…
- My proposal is that…
Beachten Sie, dass vor dem “that” kein Komma kommt!
Wenn Sie um etwas bitten:
Bei einer Bitte genügt ein einfaches “please”, um den Satz höflich zu gestalten.
Please send me the documents.
Oder Sie fangen den Satz mit der Floskel “could you…” an: Could you please send me the documents?
Ist etwas dringend, vermeiden Sie den Satz: “Vielen Dank im Voraus!” (“Thank you in advance”) Denn Sie möchten niemanden bedrängen oder dass sich der E-Mail-Empfänger bedrängt fühlt.
5. Kritik
Keiner hört gerne Kritik, aber manchmal ist es notwendig. Daher achten Sie darauf, Ihre Kritikpunkte möglichst positiv zu formulieren.
- I was very surprised to hear…
- Unfortunately…
Schildern Sie dann den Sachverhalt (bitte auch hier kurz halten) und schließen Sie die Kritik ab, indem Sie sagen, dass Sie sicher sind, dass das Problem bald behoben wird:
- I am sure that you will….
- I am positive that…
6. Verabschiedung
Der Verabschiedung in E-Mails ist meist mit folgender Floskel Genüge getan:
Kind regards,
Judith
Ausreichend ist auch:
Regards,
Judith
Am besten bauen Sie eine deutsche und eine englische Abschiedsfloskel in Ihre Signatur ein, dann müssen Sie sich nämlich gar keine Gedanken mehr darüber machen:
Mit freundlichen Grüßen / Kind regards
+ Name und Titel
Fazit
Ich hoffe der Gastbeitrag von Judith Geiß hat Ihnen gefallen! Ich musste tatsächlich bei so manchem Punkt schmunzeln und mich zurückerinnern wie es mir so mit den ersten englischen E-Mails erging.
In diesem Sinne
Kind regards
Karin Cvrtila
PS Übrigens heute ist 4th of July ein viel gefeierter Feiertag in den USA – insofern auch ein guter Zeitpunkt, um sich mit E-Mails auf Englisch zu beschäftigen 😉