Du oder Sie? Oder doch du?

Du oder Sie? Oder doch du?

Karin Cvrtila
von Karin Cvrtila

Immer wieder kommt die Frage, wie man eigentlich seine Leser ansprechen soll. Du oder Sie? Kommt dir das bekannt vor? Und um ehrlich zu sein: diese Frage quält mich auch schon sehr lange.

Die Entscheidung ist nämlich gar nicht leicht. Da wünscht man sich schnell einmal einfach in die englische Sprache zu wechseln und das Problem wäre gelöst. Allerdings: einen Blog mehrsprachig zu führen ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Schnell wird man an den Satz, den angeblich ein deutscher Politiker zu einem US-Präsidenten gesagt haben soll (und auch angeblich war es Kohl zu Reagan) „You can say you to me“ 🙂

Umso mehr bin ich nun erleichtert, dass ich diese Entscheidung endlich getroffen habe und sie nicht länger in meinem Kopf herumgeistert. Also: ab jetzt du! Ich hoffe du bist damit einverstanden!

Diese Entscheidung allein, auch wenn ich dich meinen Leser darüber informieren möchte, rechtfertigt dennoch keinen Extra-Blogbeitrag. Aber da diese Frage nach dem Duzen oder Siezen häufig an mich heran getragen wird, will ich dich heute auf meinem Weg zur Entscheidungsfindung mitnehmen und ein paar Punkte aufwerfen, die dir hoffentlich auch weiterhelfen.

Wie so oft spielen bei solchen Einschätzungen die Vernunft und das Herz eine tragende Rolle. Fangen wir mit der Vernunft an und hören uns ihre Argumente an:

Du oder Sie als strategische Entscheidung

Deine Zielgruppe – wer ist sie und wie sprichst du mit dieser?

Ja, ja ich weiß schon, ich fange schon wieder mit der Zielgruppe an. Aber die genaue Kenntnis deiner Zielgruppe ist nun mal das um und auf für eine erfolgreiche Selbständigkeit.

Und so spielt die Zielgruppe auch bei der Entscheidungsfindung nach dem Du oder Sie eine, wenn nicht sogar die, entscheidende Rolle. Wer ist deine Zielgruppe und wie will sie überhaupt angesprochen werden? Wie fühlt sie sich direkter und auch emotionaler mitgenommen?

Interessanterweise gibt es kaum Marktforschungsstudien dazu. Die wenigsten fragen ihre Zielgruppe wie sie angesprochen werden will. So wie wir selbst gibt es auch in unserer Zielgruppe Menschen, die das Du bevorzugen und andere, die auf das Sie bestehen.

Neben deiner Zielgruppe muss auch das Thema zum Du oder Sie passen. Also, du solltest nicht nur auf Du wechseln, nur weil es gerade angesagt ist, sondern du solltest nach wie vor authentisch klingen. Klar abraten vom Du würde ich dir, wenn du z.B. in einem Umfeld unterwegs bist, das das Du eben nicht gewohnt ist. Wie z.B. deine Kunden sind große Unternehmen (außer du hast Ikea als Kunden – Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel 😉 oder du bist im Finanzbereich tätig. Dann wird das Du meist nicht passen.

Bei mir war die Entscheidung in dem Fall fast einfach: meine Zielgruppe Einzelunternehmer und kleine Unternehmen, die online tätig sind oder sein wollen, sind das Du gewohnt. Und letztlich bin ich mit meinen Kunden immer per Du, warum erfährst du noch weiter unten.

Deine Kanäle – welche Kanäle verwendest du und wie sprichst du dort mit deiner Zielgruppe?

Mittlerweile verwenden wir alle eine Menge an unterschiedlichen eigenen und fremden Kommunikations-Kanälen. Einerseits viele Social Media Kanäle wie Facebook, Twitter, Instagram, LinkedIn, etc. In den Social Media Kanälen ist meist das Du üblich, aber auch hier gibt es Ausnahmen wie LinkedIn und XING, die eher im b2b Bereich angesiedelt sind und wo das Sie noch häufig verwendet wird.

Andererseits verwenden wir aber auch viele anderen Kanäle wie eben einen Blog, Newsletter, aber auch „normale“ E-Mails, Telefon etc. Und wie sprichst du da? Duzt du oder siezt du?

Jeder Kanal hat so seine eigenen Regeln, die wir bewußt oder unbewußt „mitmachen“. Bei mir war es so: auf Facebook, Instagram und YouTube (in den Videos) habe ich geduzt. Auf LinkedIn und Twitter die direkte Anrede sogar vermieden und im Zweifelsfall das Sie genommen. Meine Newsletter-Abonnenten und meine Blog-Leser habe ich ebenfalls gesiezt.

Spätestens als ich die Videos vom Freitagskaffee von Facebook auch auf meinen Blog gestellt habe, hatte ich leichte Bauchschmerzen und fühlte mich mit dem Sie nicht mehr wohl. Warum? Nun ja, der Blogbeitrag war per Sie und im eingebetetem Video war ich per Du. Na, verwirrender geht es nicht mehr und zugegebenermaßen, wäre ich mein eigener Kunde, hätte ich schon laut aufgeschrien 😉

Konsistenz in der Ansprache

Somit sind wir beim dritten strategischen Entscheidungspunkt: die Konsistenz im Du oder Sie. Und die war bei mir eben nicht gegeben und wohl der ausschlaggebendste Grund endgültig auf das Du zu wechseln.

Nun bin ich nicht die Sprachpolizei, aber in meiner langen Zeit als Meinungs- und auch Kommunikationsforscherin und -beraterin, habe ich so manche Kommunikationsregeln gelernt. Eine davon lautet eben „sei konsistent und verlässlich in deinen Aussagen“. Nun ja, und das beinhaltet auch das konsequente Duzen oder Siezen.

Von einigen Beratern wird vorgeschlagen, dass man je nach Kanal eben Du oder Sie verwendet. Ich halte ehrlich gesagt wenig davon. Die Kommunikation wird nämlich leichter, wenn du konsistent in deiner Ansprache bist. Und der Kunde weiß das auch zu schätzen. Dazu habe ich auch einen interessanten Artikel bei brand eins gelesen, den ich dir nicht vorenthalten will.

In diesem Artikel wurde der Vorschlag gemacht, dass man die Kunden einfach fragen soll, wie sie angesprochen werden sollen und dann die Kunden entsprechend auf der Website, im Newsletter, Telefon etc. mit Du oder Sie ansprechen. Also personalisierte Ansprache aufgrund der Möglichkeiten der Digitalisierung. Hört sich vorerst nach einem Super-Plan an, aber realistischerweise nur für die Großen dieser Welt anwendbar. Als Einzelunternehmer wirst du dir damit schwer tun jeden Blogbeitrag einmal in Du und einmal in Sie-Form zu schreiben.

Bei mir war es z.B. so, dass jemand über Facebook, wo ich geduzt habe, in meinen Newsletter gekommen ist. Und per Mail war ich dann plötzlich per Sie mit derselben Person. Verwirrend, oder?

Übrigens hat mich die Frage nach dem Du oder Sie bereits beim Start meines Online-Business umgetrieben. So habe ich dann auch in meiner „über mich“ Seite geschrieben, dass wir vorerst per Sie sind und wenn wir uns dann besser kennen, gerne auf Du wechseln können. Tja, man wird kreativ in den Umschreibungen, wenn man eine Entscheidung rauszögern will 🙂

Du oder Sie als emotionale Entscheidung

Neben den „harten“ Fakten von zuvor, fallen auch „softe“ bei der Entscheidung nach dem Du oder Sie an. Das Herz will dann auch noch gehört werden 😉

Die gute Kinderstube

hat uns natürlich gelehrt Sie zu sagen, alles andere ist schließlich unhöflich. Und, ob wir wollen oder nicht, unsere Kinderstube hält uns häufig davon ab zu duzen.

Hinzu kommt die eigene Herkunft: in Österreich ist es ja so, dass nach wie vor viel Wert auf Titel und auch Höflichkeit (zumindest nach außen 😉 gelegt wird. Ich werde z.B. immer wieder darauf angesprochen – und das durchaus von guten Freunden – warum ich nicht meinen Titel anführe und z.B. hier im Blog nicht mit Mag. Karin Cvrtila unterschreibe. Nun ja, trotz des Siezens und meiner Kinderstube war das sogar mir zu viel 😉

Interessant in diesem Zusammenhang ist wie so oft ein Blick in die Geschichte: bis ins 19. Jhd war es durchaus üblich sich gegenseitig zu Duzen (mal abgesehen von der Aristokratie). Das Sie kam erst mit dem Entstehen des Bürgertums auf und hat sogar dazu geführt, dass Kinder ihre eigenen Eltern häufig gesiezt haben. Das galt damals als „gute Kinderstube“. Erst in den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts ist das Du wieder zurückgekehrt und wurde wieder häufiger verwendet.

Aber: wir leben heute und mit unserer Zielgruppe. Also stellt sich die Frage nach der „guten Kinderstube“ und auch der eigenen Herkunft nicht mehr, auch wenn wir ehrlich sein müssen, dass in unserem Hinterkopf gelerntes Verhalten einfach nicht leicht abzulegen ist.

Fühlst du selbst dich mit „du oder Sie“ wohler?

Wenn mich ein Kunde fragt, ob er/sie lieber Du oder Sie sagen soll, dann stelle ich meist die ganz zügig vorgebrachte Frage „mit was fühlst du dich wohler?“.

Natürlich gehen wir dann auch die „harten“ Fakten durch. Dennoch ist nicht zu unterschätzen, wie wir selbst uns dabei fühlen. Wenn du mit dem Du einfach nicht klar kommst, dann lass es lieber bleiben und sieze weiterhin. Ebenso umgekehrt. Sich zu verdrehen wird nicht funktionieren. Insbesondere in der Kommunikation merkt der Kunde sofort, ob du authentisch und ehrlich bist oder ob du dich eben verstellst. Und letzteres sollte nicht passieren.

Nähe und Distanz

Die Entscheidung für Du oder Sie in der Ansprache hängt auch maßgeblich davon ab wie viel Nähe und Distanz du zu deinen Kunden aufbauen möchtest.

Jetzt wird vermutlich der Großteil aufschreien und sagen „natürlich will ich Nähe zu meinen Kunden herstellen“. Aber da muss ich nun nachhacken: ist das tatsächlich so? Ich kann manchmal ziemlich hartnäckig sein 😉 Aber hinterfrage mal ehrlich (du musst es nicht mir oder sonst jemanden sagen), wie viel Nähe oder Distanz du zu deinen Kunden haben möchtest. Es gibt nämlich durchaus Situationen und auch Kunden, wo man nicht zu viel Nähe haben will, weil man z.B. objektiver auf den Kunden und sein Problem aus ein wenig Distanz schauen kann.

Natürlich wollen wir eine Beziehung zum Kunden aufbauen und in der Zusammenarbeit ist ein Du meist einfacher. Ich bin mit meinen Kunden immer per Du. Klar wächst das Vertrauen in der Zusammenarbeit und man lernt sich auch gegenseitig besser kennen. Hinzu kommt, dass mir in der Beratung wichtig ist auf Augenhöhe zu kommunizieren und nicht von „oben“ herab zu dozieren. Und das schafft ein Du häufig leichter als ein Sie.

Aktivierender, leichter Schreiben

Häufig wird geklagt „ich kann nicht schreiben“ und als Grund genannt eben keinen Blog zu betreiben. Für diese Meinung gibt es viele Gründe und auch Lösungen, aber ein Grund könnte auch sein, dass du in der falschen Form schreibst und dir das Schreiben deswegen schwerer fällt.

Eine aktivierende Sprache zu verwenden macht uns selbst das Schreiben häufig einfacher und dem Leser das Lesen spannender. Ob du nun leichter in der Du- oder der Sie-Form schreibst, sollte daher auch ein Kriterium für deine Auswahl zwischen Du oder Sie sein. Im Online-Business sind wir nämlich „ständig“ am texten. Mal für einen Blogbeitrag, mal für Social Media Beiträge, dann wieder für eine Landingpage etc.

Was du nämlich auf keinen Fall tun solltest: die Anrede vermeiden. Also Wörter wie „man“ oder diverse Umschreibungen. Damit wird die Sprache nämlich unklarer und letztlich fühlt sich niemand angesprochen. Und genau das willst du nicht. Das ist jetzt natürlich leichter gesagt als getan. Solange du nämlich unentschlossen bist zwischen „Du und Sie“ wirst du unbewußt immer wieder die direkte Ansprache vermeiden – glaube mir bitte, ich spreche aus Erfahrung 😉

Fazit

Du willst nun vermutlich abschließend von mir wissen, ob du nun duzen oder siezen sollst. Verstehe ich, aber die Antwort ist ein ehrliches: es hängt davon ab 🙂 Nämlich genau von den oben genannten Kriterien. Gehe aber bitte nicht nur von den „harten“ Fakten aus, sondern lass auch dein Herz sprechen (auch wenn das nun etwas schwülstig klingt).

Und? Sind wir per Du?

Herzlichst, DEINE

Karin (Cvrtila)

PS Übrigens gibt es bei mir noch ein weiteres Kriterium, das für das Du in der Ansprache spricht: mein Nachname 😉 Fr. Cvrtila ist tatsächlich nicht für jeden leicht auszusprechen. Also Karin reicht 😉

Lese hier mehr zum Thema Kommunikation und Marketing.

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